4 Dimensionierung der Vertikalfugen zwischen liegenden Wandplatten
Bei allen Baustoffe n tritt unter Einwirkung von Wärme eine Formänderung auf. Dabei ist die Auswirkung mehrerer Einflussgrößen zu beachten:
- Wandorientierung (Ost-West)
- Jahreszeit ( Sommer-Winter ),
- Grad der Absorption der Sonnenbestrahlung (Hellbezugswert)
- Wandplattendicke bzw. –länge
Der Fuge ndichtstoff muss folgende Formänderungen schadenfrei aufnehmen:
- Thermische Längenänderung der Wandplatten in Richtung der Plattenebene
- Stauchung bzw. Dehnung infolge Krümmung der Wandplatten,
- Feuchtedehnung
Bei Aufnahme dieser Bewegungen muss der Fugendichtstoff seine dichtende Funktion bewahren.
Der lineare Wärmeausdehnungskoeffizient von Porenbeton beträgt
αT = 8 • 10-6 K-1
Untersuchungen haben jedoch gezeigt, dass die errechnete lineare Wärmeausdehnung bei Porenbeton in Wirklichkeit viel geringer ist [ 2 ]. Infolge der wärmedämmenden Wirkung des Porenbetons treten die linearen thermischen Längenänderungen gegenüber der Wölbung in den Hintergrund. Ein großer Teil der Längenänderung wird in die Wölbung umgesetzt.
So erfährt die größte lineare Längenänderung infolge Wölbung nach außen im Sommer mit 0,26 mm / m eine dünne, dunkle Platte (d = 15 cm). Eine dicke, dunkle Platte (d = 25 cm) dehnt sich maximal nur 0,21 mm/m. Im Winter kann es zu einer linearen Längen- änderung infolge Wölbung nach innen bis zu 0,06 mm/m kommen.
Die temperaturbedingte Krümmung erfolgt infolge der Besonnung im Sommer nach außen bzw. bei Temperaturumkehr im Winter nach innen und erzwingt dadurch eine Stauchung bzw. Dehnung des Fugendichtstoffes.
Für eine ungleichmäßige Temperaturbelastung ^t ergibt sich ein Auflagerdreh-winkel von:
φ0 (x = 0) = - φl (x = l) = ½ • αT • ^t/d
wobei l [ m ] die Wandplattenlänge, d [ m ] die Wandplattendicke und αT der Wärmeausdehnungsquotient ist.
^t ist die Temperaturspanne innerhalb der Temperaturgrenzen, denen der Baustoff in unseren Breiten ausgesetzt ist.
Für die folgenden Überlegungen muss noch eine Bezugstemperatur festgelegt werden. Diese Bezugstemperatur (Herstellungstemperatur) soll hier die Temperatur sein, bei der die Fuge verfüllt wird. Die Verfugungstemperaturgrenze liegt zwischen + 5 °C und etwa + 35 °C, wobei in beiden Fällen der jeweils niedrigste bzw. höchste Wert der Oberflächentemperatur des Untergrundes maßgebend ist.
Die Oberflächentemperatur ist im Wesentlichen abhängig von der Wandorientierung (Ost-West), von der Jahreszeit (Sommer-Winter) und von der Farbgebung der Außen-oberfläche. Während bei hellbeschichteten Wänden mit kleinem Strahlungsabsorptionsvermögen ca. 50 °C erreicht werden, heizt sich eine dunkle Wandoberfläche mit Westorientierung im Sommer bis 80 °C auf.
Erfahrungen aus der Praxis haben gezeigt, dass vollständig dunkelbeschichtete Wand-platten i. d. R. nicht zur Anwendung kommen, so dass im Sommer von einer max. Oberflächentemperatur ta von 65 °C ausgegangen werden kann.
Aufgrund der in unseren Breiten vorhandenen Außentemperaturen im Winter kann für diesen Lastfall eine max. Oberflächentemperatur ta von
–15 °C angesetzt werden. Der Wert der Innen-Oberflächentemperatur ti ist anhand der späteren Nutzung des Gebäudes festzulegen.
Dagegen können die Werte der Oberflächentemperaturen tba und tbi zum Zeitpunkt der Verfugung in der Planungsphase nur grob abgeschätzt werden. Aufgrund der dabei auftretenden Ungenauigkeiten, wird deren Einfluss nur zur Hälfte berücksichtigt.
Somit kann die Temperaturspanne ^t näherungsweise wie folgt bestimmt werden:
^t = (ta - tba / 2) – (ti - tbi / 2)’
Aus den geometrischen Bedingungen ergibt sich der Wert der Stauchung bzw. Dehnung zu:
hsd = tan φ (x) • t
mit
φ (x) = Drehwinkel der Wandplatte am Auflager
t = d/2
Da der Neigungswinkel φ der elastischen Krümmungslinie meist klein ist, kann φ (x) = tan φ (x) gesetzt werden.
Daraus ergibt sich für die Stauchung bzw. Dehnung der Wert:
hsd = φ (x) • t = l/4 • αT • ^t
Zur Ermittlung der notwendigen Fugenbreite müssen die vorgenannten Formänderungs-größen noch in Bezug zur zulässigen Gesamtverformung des Fugendichtstoffes gesetzt werden. Diese soll durch den Faktor des Dichtstoffes FD beschrieben werden.
Für Fugendichtstoffe auf Acrylat-Dispersionsbasis, die meist bei Porenbeton-Wandplatten angewandt werden, wird überschlägig mit einem FD von 15 bis 20 % gerechnet.
In jedem Fall sind bezüglich des FD-Wertes die technischen Merkblätter und die Verarbeitungsrichtlinien der Hersteller von Fugendichtstoffen zu beachten.
+ | Stauchung des Fuge ndichtstoffes |
- | Dehnung des Dichtstoffes |
αT | 8 • 10-6 [K-1] für Porenbeton |
I | Wandplattenlänge [m] |
FD | Faktor des Dichtstoffes [%] |
^t | (ta – tba/2) – (ti – tbi/2) [K] |
ta | Oberflächentemperatur der Wandplatte außen [°C] |
ti | Oberflächentemperatur der Wandplatte Innen [ °C ] |
tba | Oberflächentemperatur der Wandplatte zum Zeitpunkt der Verfugung außen [°C] |
tbi | Oberflächentemperatur der Wandplatte zum Zeitpunkt der Verfugung innen [°C] |
^Itlin | lineare Längenänderung [mm/m] |
S | Feuchtedehnung = -0,15 mm/m für Porenbeton |
1,2 | Faktor für Maß, Einbautoleranzen, Setz- und Schwingungsbewegungen |
Die Berechnungen zeigen, dass eine Vertikalfugenbreite von max. 15 mm bei liegend montierten Wandplatten bei Annahme des Faktors des Dichtstoffes FD = 20 % bis zu einer Länge von 7,50 m ausreicht. Lediglich bei dunkel beschichteten Wandplatten, die aber selten zur Anwendung kommen bzw. nach Möglichkeit zu vermeiden sind, sollte entweder die Fuge größer dimensioniert oder ein anderer Fugendichtstoff mit einer größeren zulässigen Gesamtverformung verwendet werden. Dies wird auch durch langjährige Erfahrungen aus der Praxis bestätigt. Aus konstruktiven Gründen darf die Fuge jedoch nicht kleiner als 10 mm sein. In jedem Fall ist die gewählte Fugenbreite mittels der Formel
für bF zu überprüfen.
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