5.1 Allgemeine Eigenschaften
Reine
Butyldichtstoffe weisen viele gemeinsame charakteristische Merkmale auf.
Sie sind anwendungsfertige, nichtreaktive Dichtstoffe, die ihre Eigenschaften über viele Jahre praktisch nicht verändern.
An dieser Stelle muss darauf hingewiesen werden, dass reine Standard-Butyldichtstoffe, die in diesem Merkblatt behandelt werden, von Produkten zu unterscheiden sind, denen untypische Zusatzstoffe zugemischt werden, welche die Eigenschaften von reinen Butyldichtstoffen negativ beeinflussen können.
Bei solchen Produkten ist das Butyl u.a. nicht mehr UV- und alterungsstabil. Bei offener Bewitterung kommt es bei solchen Produkten zu einer meist grünen Verfärbung des Butyls und einem starken bis vollständigen Verlustes der Klebrigkeit.
Diese Erscheinungen können durch eine Prüfung unter geeigneten UV-Lampen bereits nach wenigen Tagen sichtbar werden.
Viele Eigenschaften der Butyl-Dichtstoffgruppe sind variabel einstellbar. Dazu zählt die Konsistenz von zähhart bis sehr weich, so wie der Tack von nicht klebrig bis extrem klebrig, als auch die Eigenschaft von typisch plastischem bis zu geringfügig elastischem Verhalten.
Die äußerst niedrige Wasseraufnahme von Butyldichtstoffen ist der Grund, weshalb sie auch für korrosionsschützende und feuchtigkeitsschützende Abdichtungen geeignet sind.
Butyldichtstoffe weisen eine relativ niedrige Wärmeleitfähigkeit auf, können aber in Grenzen wärmeleitfähiger eingestellt werden.
Des Weiteren zeichnen sie sich durch eine hervorragende Wasserdampfdichtigkeit aus.
Sie verfügen über gute Dämpfungseigenschaften gegen Stoß- und Schwingungsenergie und können je nach Rezeptur hohe elektrische Isolationswerte aufweisen.
Sie sind selbstverschweißend und nach der Verarbeitung sofort funktionstüchtig, volumenbeständig, lösemittefrei und nahezu geruchlos.
Weitere wichtige Eigenschaften von reinem Butyl ist seine Alterungs-, Witterungs-, Ozon- und UV-beständigkeit. Unter üblichen Lagerbedingungen (bei ca. +20°C, trocken und staubgeschützt) sind sie praktisch jahrelang lagerfähig.
Hervorzuheben ist die ausgezeichnete Verträglichkeit mit Metallen, Beton, Mauerwerk, Holzwerkstoffen, Glas, Hart-PVC, Polyacrylat, Polycarbonat, Polyester, weichmacherfreien Folien und Bitumen. Die Verträglichkeit von Butyldichtstoffen mit Bitumen oder bitumenhaltigen Baustoffen ist allerdings objektbezogen zu bewerten. Da es im Einzelfall zu Haftverlusten des Abdichtungsmaterials, zu Verfärbungen im Material, an der Oberfläche bzw. im Randbereich zu Erweichungen des Butyls kommen kann, sind Einzelprüfungen erforderlich. Die Verträglichkeit eines Butyldichtstoffes mit Bitumen ist mit dem Bitumen-Hersteller abzustimmen, sofern keine klaren diesbezüglichen Empfehlungen vorliegen. Im Allgemeinen weisen Butylbänder und -profile auf bituminösen Untergründen eine gute Haftung auf.
Reine Butyldichtstoffe sind mit lösemittelfreien Beschichtungsstoffen überstreichbar, mit normgerecht hergestellten Putzen und Schichtdicken überputzbar und gegen diverse verdünnte Laugen und bedingt gegen diverse verdünnte Säuren chemikalienbeständig.
Das Temperaturverhalten ist typisch thermoplastisch, d. h. mit zunehmender Temperatur stellt sich eine zunehmend weichere Materialkonsistenz ein. Dadurch steigt auch der Tack von Butyldichtstoffen bei zunehmender Temperatur.
Butyldichtstoffe können nach DIN 4102-1 und DIN EN 13501-1 geprüft werden.
Butyldichtstoffe können bei ausreichender Schichtstärke bzw. mit geeigneter Kaschierung zuverlässig gegen Radon abdichten. Herstellerempfehlungen sind dabei zu berücksichtigen.
Des Weiteren sind Sondereinstellungen für wurzelfeste Eigenschaften, die Verträglichkeit zu Lebensmitteln sowie die mikrobiologische Beständigkeit mit dem Hersteller abzuklären.
Im Vergleich zu reinen Butyldichtstoffen weichen die Eigenschaften von Butyldichtstoffen, die mit Bitumen oder anderen für Butyl untypischen Hilfsmittel versetzt werden, stark ab. Es existierten unübliche Hilfsmittel, welche in den Butylrezepturen eine extrem hohe Oberflächenklebrigkeit verursachen, aber starken negativen Einfluss auf die Alterungs-, Witterungs-, UV-, Temperaturbeständigkeit, Lagerstabilität und Physiologie haben können.
Reine Butyldichtstoffe stellen ein Abdichtungssystem dar, welches die folgenden Eigenschaften aufweisen kann:
Emissionsfreiheit z.B. nach EMICODE EC1 Plus
Praktisch unbegrenzte Alterungsbeständigkeit
Praktisch unbegrenzte Witterungsbeständigkeit
Praktisch unbegrenzte UV-Beständigkeit
5.2 Typische Materialeigenschaften
Da es durch die Rezeptur- und Formulierungsvielfalt keine allgemeingültigen exakten Zahlenangaben zu spezifischen technischen Eigenschaften geben kann, können die nachfolgenden Angaben nur zur Orientierung mit „von-bis-Werten“ genannt werden.
Spez. Gewicht
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1,1 bis 2,4
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g/cm³
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Druckfestigkeit
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0,02 bis 0,8
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N/mm²
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Shore 00 Härte
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20 bis 80
|
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Wasserdampfdiffusionswert
diffusionsäquivalente Luftschichtdicke sd
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ca. 500 - 1500 (abhängig von Rezeptur, Butylstärke und Kaschierungsmaterial)
≥1500 (abhängig vom Kaschierungsmaterial)
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m
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Wärmeleitfähigkeit
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0,18 bis 0,3
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W/(m·K)
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Zul. Gesamtverformung
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4 bis 10
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%
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Spez. Durchgangswiderstand
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1012 bis 1015
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Ω.cm
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Zündtemperatur
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ca. 440
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°C
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Festkörpergehalt
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98 bis 100
|
%
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Temperaturbeständigkeit
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ca. -40 bis +100
|
°C
|
Tabelle 3: Spezifische Materialeigenschaften von Butyldichtstoffen
5.3 Hinweise und Anwendungsgrenzen
Bei zu planenden
Abdichtungen mit
Butyl sind neben den Herstellerangaben nachfolgende Hinweise bzw. Anwendungsgrenzen zu beachten:
Trotz der guten Temperaturbeständigkeit reiner Butyldichtstoffe zeigt sich bei extremen Temperaturen der typisch thermoplastische Charakter.
Um eine irreversible Verformung zu vermeiden, dürfen plastische Butyldichtstoffe im eingebauten Zustand nicht dauerhaft unter Zug- und Druckspannung stehen.
Butyldichtstoffe verfügen nur über ein kurzzeitig wirkendes Rückstellvermögen. Bei Dehnbeanspruchung des Butyls tritt ein spürbar schneller Kraftabbau (plastische Verformung) ein und es werden nur geringe Zugspannungen aufgenommen.
Bei Abdichtungen auf Kunststoffen und Lacken ist eine vorherige Eignungsprüfung auf Weichmacherwanderung zu empfehlen, da schädliche Wechselwirkungen möglich sind.
Butyldichtstoffe sind gegen die meisten organischen Lösemittel empfindlich.
Bei Kontakt mit Dicht- oder Klebstoffen, die aggressive Lösemittel oder für Butyl unverträgliche Weichmacher enthalten, können Klebrigkeiten, Verfärbungen und Anlöseerscheinungen am Butyldichtstoff entstehen.
Die gute Verträglichkeit zu hochwertigen Dichtstoffen ermöglicht vielfältige Kombinationen mit anderen Abdichtungssystemen (Herstellerangaben beachten).
Die mit Vlies kaschierten Butyldichtstoffe können, gemäß Hersteller-Empfehlungen, bei freiliegenden witterungsabhängigen Anwendungen mit Zinkstaub oder wetterfesten Dispersionsfarben überstrichen werden. Da der Butyldichtstoff in der Regel flexibler ist als Farbbeschichtungen und Putze, können bei Dehnbeanspruchungen Risse in Farbe und Putz entstehen.
Je nach Rezeptureinstellung kann Butyl unterschiedliche Eigenklebrigkeiten aufweisen und damit passend auf das jeweilige Substratmaterial abgestimmt werden.
Der Haftungsaufbau auf dem Substrat erfolgt rein physikalisch, so dass bei geforderter schneller Funktionsfestigkeit eine hohe Oberflächenklebrigkeit (Tack) des Butyls gegeben sein sollte. Butyldichtstoffe mit niedriger Oberflächenklebrigkeit bauen erst nach einigen Stunden eine ausreichende Haftung auf, die mit kräftigem Andrücken oder Anrollen auf dem Substrat verbessert werden kann.
Um eine komplette Verpressung der Dichtstoffe zu vermeiden, müssen Maßnahmen für eine permanente Abstandshaltung getroffen werden (z.B. Butyldichtstoff mit Seele).
Bei kritischen Verklebungen im Überkopf- und vertikalen Bereich ist aufgrund des evtl. eintretenden kalten Flusses eine zusätzliche mechanische Befestigung erforderlich. Butyldichtstoffe sind keine Befestigungsmittel und müssen deshalb durch geeignete mechanische und/oder konstruktive Maßnahmen am Objekt gesichert werden.
Scharfkantige Ecken und Nahtstellen sollten vor dem Überkleben abgerundet werden, um ein Durchstoßen bzw. Abreißen des Butylbandes zu verhindern.
Bei Querverlegungen im Dachbereich oder in Vertikallagen können die Bänder durch Schnee-, Regen- und Eislasten ggf. vom Untergrund abgedrückt werden. Unter diesen Umständen ist ein zusätzlicher Kantenschutz erforderlich.
Hohlstellen, Knicke und Falten im Butylband sind bei der Verlegung zu vermeiden.
Aufgrund ihrer plastischen Eigenschaften dürfen Butylbänder nicht für Fugenabdichtungen im Dach- bzw. Hochbaubereich eingesetzt werden, die der EN 15651-1 entsprechen müssen.
Bei nachträglichen Verschraubungen durch Butyl, sind die Schraublöcher vorher mit ca. 4mm Durchmesser durchzustanzen.